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National Security Reviews (NSR) gewinnen bei M&A Transaktionen weltweit zunehmend an Bedeutung. Die US-amerikanische Prüfung durch das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) stand zuletzt vermehrt im Zentrum namhafter Transaktionen.

Und auch in Deutschland trug die aktuelle Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) zu einer wachsenden Bedeutung der hiesigen Sicherheits-Prüfung bei (Hyperlink). Im Fokus stehen dabei in den USA wie auch in Deutschland nicht selten Transaktionen mit chinesischer Beteiligung. Doch wie sieht die chinesische NSR ihrerseits aus und welche Bedeutung spielt sie bei M&A-Transaktionen außerhalb Chinas?

Die National Security Review im Umbruch

Die gegenwärtige Rechtsgrundlage der chinesischen NSR ist bisweilen vage und über zahlreiche Rechtsnormen verteilt. Rechtlicher Ausgangspunkt für die Prüfung ist das in 2011 durch den Staatsrat, das Hauptregierungsorgan Chinas, erlassene sog. Circular No. 6, die „Notice on the Establishment of the Security Review System for Mergers and Acquisitions of Domestic Enterprises by Foreign Investors“.

In diesem Circular sind die wesentlichen Konturen der chinesischen NSR enthalten, insbesondere deren Anwendungsbereich, Inhalt und Ablauf. Ergänzt und weiter präzisiert wird das Circular No. 6 durch die ebenfalls in 2011 vom Handelsministerium der VR China (MOFCOM) erlassenen Bestimmungen zur Implementierung hierzu.

Transparenz und umfangreicherer Anwendungsbereich

In den letzten zwei Jahren begann die chinesische Regierung einen Prozess einzuleiten, der die NSR in absehbarer Zeit auf eine völlig neue Grundlage stellen wird. Teil dieses Prozesses ist zunächst das Anfang 2015 als Entwurf vorgestellte „Foreign Investment Law“ (FIL), welches nach Inkrafttreten die neue umfassende rechtliche Grundlage der chinesischen NSR darstellen wird.

Weitere Teile des Prozesses sind das in 2015 erlassene „National Security Law“ und das im Juni 2017 in Kraft getretene „Cybersecurity Law“. Durch diese neue Rechtsgrundlage wird die chinesische NSR in Zukunft ersichtlich transparenter, gleichzeitig jedoch auch mit einem wesentlich umfangreicheren Anwendungsbereich ausgestattet.

Bis hin zu einer sektorübergreifenden Prüfung

Gegenwärtig umfasst die NSR Übernahmen und Fusionen ausländischer Investoren von und mit chinesischen Unternehmen in bestimmten sensiblen Industrien. Zu diesen Industrien zählen etwa das Militär- und Verteidigungswesen, Infrastruktur oder die Energie-Versorgung.

Aus rechtlicher Sicht ist neben Übernahmen und Fusionen zudem der Erwerb der „tatsächlichen Kontrolle“ über ein chinesisches Unternehmen erfasst. Dabei genügt es, wenn eine im Ausland stattfindende Transaktion zur Folge hat, dass mehr als 50% der Anteile oder Stimmrechte an einem chinesischen Unternehmen indirekt an einen neuen ausländischen Investor übergehen.

Anwendungsbereich der NSR erheblich erweitert

Auch im Falle von Anteilen oder Stimmrechten, die unter 50 % liegen, kann der Anwendungsbereich eröffnet sein, wenn ein „wesentlicher Einfluss“ über das betroffene chinesische Unternehmen erlangt wird.

Das Foreign Investment Law wird diesen Anwendungsbereich vermutlich bereits bald erheblich erweitern. Sofern das FIL, der Entwurfsfassung entspricht, werden Anknüpfungspunkt für die chinesische NSR künftig die „ausländische Investition“, sowie deren Gefährdung, oder potenzielle Gefährdung der staatlichen Sicherheit sein.

Staatliche Sicherheit Chinas gefährdet?

Unklar erscheint dabei, ob mit Inkrafttreten des FIL auch weiterhin bestimmte Industrien im Fokus stehen sollen. Das gegenwärtig noch maßgebliche Circular No. 6 enthält eine solche Auflistung, dürfte durch das FIL vollständig ersetzt werden. Ist dies der Fall, so würde sich der Anwendungsbereich der chinesischen NSR deutlich auf mehrere Sektoren erweitern. Ausschlaggebend wäre dann alleine die Möglichkeit der Gefährdung der staatlichen Sicherheit.

Die chinesische NSR kann nach dem Circular No. 6, sowie voraussichtlich auch nach dem FIL, auf zwei verschiedenen Wegen eingeleitet werden: Durch Antrag des ausländischen Investors oder von Amts wegen. Dabei kann eine Prüfung von Amts wegen auch aufgrund von Hinweisen bestimmter nicht beteiligter Dritter eingeleitet werden, etwa Unternehmen der gleichen Branche. Ein absolutes Zeitlimit, nach dessen Ablauf eine Prüfung nicht mehr durchgeführt werden kann, existiert für die chinesische NSR derzeit nicht.

Investoren treffen Einschätzung selbst

Ähnlich den US-amerikanischen und den deutschen Regelungen obliegt auch in China dem ausländischen Investor die Einschätzung, ob seine Investition in den Anwendungsbereich der Sicherheitsprüfung fällt. Das deutsche System sieht jedoch die Möglichkeit einer verbindlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung vor. Ein solches Konzept fehlt im chinesischen System.

In der Praxis versuchen ausländische Investoren in China oftmals, etwaige Unklarheiten im Rahmen eines unverbindlichen Erörterungstermins mit den zuständigen Behörden aufzuklären. Diese mit der US-amerikanischen pre-notice consultation vergleichbare vorab-Konsultation dürfte – wenn es nach dem Entwurf geht – im künftigen FIL erstmalig eine gesetzliche Grundlage erhalten.

Genehmigung bis Rückabwicklung der Transaktion möglich

Sofern eine NSR erforderlich werden sollte, wird diese in China – ähnlich dem amerikanischen CFIUS – durch eine inter-ministeriale Kommission durchgeführt. Am Ende einer Prüfung wird der ausländische Investor über die Einschätzung der Kommission in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wird die Einschätzung weitergeleitet an den Staatsrat bzw. das MOFCOM zur endgültigen Entscheidung.

Mögliche Entscheidungen können von einer Genehmigung, gegebenenfalls mit Auflagen bis hin zu einem Verbot, oder gar einer Rückabwicklung der Transaktionen reichen. Hat der ausländische Investor die Transaktion bereits vollzogen, drohen gegebenenfalls Geldbußen. Sofern eine vollständige Prüfung durchgeführt wird, kann das gesamte Verfahren auf Grundlage des Circular No. 6 bis zu 90 Werktage in Anspruch nehmen.

Die chinesische National Security Review gewinnt an Bedeutung

Die chinesische NSR ähnelt in zahlreichen Punkten den Verfahren in Deutschland und den USA. Auch für China gilt, dass sich gegenwärtig eine Tendenz der Erweiterung des Anwendungsbereiches feststellen lässt. Mit dem bald in Kraft tretenden FIL könnten künftig sämtliche ausländische Transaktionen fallen unabhängig von spezifischen Industrien.

Dabei werden Transaktionen in den Anwendungsbereich des Verfahrens fallen, die zu einem tatsächlichen Kontrollwechsel einer chinesischen Gesellschaft führen und die die staatliche Sicherheit in China gefährden könnten. Sobald die Zielgesellschaft einer M&A-Transaktion über eine chinesische Tochtergesellschaft verfügt, ist somit unbedingt zu prüfen, ob eine NSR in China erforderlich ist.

 

Author

Christian Atzler ist Corporate/M&A Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern