Auch beim Abschluss von Lizenzvereinbarungen mit Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen gelten die Regeln des Europäischen Beihilferechts. Wir zeigen Ihnen, welche Risiken Ihnen als Lizenznehmer drohen und was Sie tun können, um diese zu vermeiden.
Beim Abschluss von Verträgen mit öffentlichen Stellen gelten besondere Regeln – bei allen Vereinbarungen, und damit auch bei Lizenzvereinbarungen, sind die Vorgaben des europäischen Beihilferechts zu beachten. Andernfalls können dem Lizenznehmer erhebliche Nachteile bis hin zur Nichtigkeit des Vertrags entstehen.
Wann unterfallen Lizenzvereinbarungen dem Europäischen Beihilferecht?
Das europäische Recht definiert staatliche Beihilfen als „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, … sowie sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.
Eine Beihilfe kommt daher in Betracht, wenn einem Unternehmen aus staatlichen Mitteln ein Vorteil gewährt wird, den andere Unternehmen nicht erhalten. Um zu ermitteln, ob ein solcher Vorteil gewährt wird, führt man im Falle von wirtschaftlichen Transaktionen – z.B. dem Abschluss von Verträgen – einen Vergleich mit dem Verhalten eines privaten Marktteilnehmers in ähnlicher Lage durch.
Eine Begünstigung liegt vor, wenn ein vergleichbarer privater marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter den Vertrag nicht oder nicht zu diesen Bedingungen abgeschlossen hätte – wenn also das Unternehmen den Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wird, unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. So kann auch ein „günstiger“ Vertragsschluss eine staatliche Beihilfe beinhalten.
Jede Lizenzvereinbarung muss einzeln untersucht werden
Voraussetzung ist immer, dass es sich um staatliche Mittel handelt und die Begünstigung dem Staat zugerechnet werden kann. Das ist bei öffentlichen Stellen wie Universitäten, die i.d.R. als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind, ohne weiteres zu bejahen.
Aber auch Maßnahmen anderer Forschungseinrichtungen und universitätsnaher Einrichtungen können – unabhängig von der konkreten Rechtsform – dem Staat zuzurechnen sein, wenn diese unter dem Einfluss staatlicher Stellen wie z.B. einer Universität stehen. Ob das der Fall ist, ist für jeden Einzelfall zu untersuchen.
Wo liegen Risiken, welche Nachteile drohen?
Beihilfen sind grundsätzlich vorab bei der Europäischen Kommission anzumelden. Diese überprüft, ob die Beihilfe mit europäischem Recht vereinbar ist. Erst wenn die Europäische Kommission das bestätigt, darf die Beihilfe gewährt werden (Durchführungsverbot). Soweit ein Vorteil bereits mit Vertragsschluss gewährt wird, darf der Vertrag daher erst wirksam geschlossen werden, wenn die Beihilfe genehmigt wurde.
Nicht anmeldepflichtig sind Beihilfen, die unter die sog. Gruppenfreistellungsverordnung fallen oder als sog. De minimis-Beihilfe zu qualifizieren sind, z.B., weil ihr Wert unter bestimmten Schwellenwerten liegt.
Auch, wenn die Beihilfe im Rahmen einer bereits genehmigten allgemeinen Beihilferegelung gewährt wird, muss sie nicht angemeldet werden. Lizenzvereinbarungen gehören allerdings i.d.R. nicht dazu. Falls diese eine Beihilfe beinhalten, drohen daher erhebliche Nachteile.
Worst Case: Die Lizenzvereinbarung ist nichtig
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind zivilrechtliche Vereinbarungen nichtig, die unter Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot abgeschlossen werden (§ 134 BGB). Zunächst ist nur die Vertragsklausel nichtig, die die Beihilfe beinhaltet, also z.B. die Gebührenvereinbarung.
Bei wesentlichen Vertragsklauseln – wie der Gebührenklausel – kann auch der gesamte Vertrag nichtig sein. Übliche Erhaltens- und Ersetzungsklauseln im Vertrag reichen laut BGH nicht aus, um den Vertrag aufrechtzuerhalten, falls keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, worauf sich die Vertragsparteien bei einer nichtigen Klausel verständigt hätten. Im schlimmsten Fall droht daher, dass die gesamte Lizenzvereinbarung nichtig ist.
Beihilfe wird zurückgefordert
Ergänzend kann die Europäische Kommission die Beihilfe zurückfordern, wenn sie nach Durchführung eines Beihilfe-Prüfverfahrens zu dem Ergebnis kommt, dass die Beihilfe nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. In diesem Fall wäre der Barwert der Begünstigung inkl. Zinsen zurückzuerstatten.
Vorsicht: Wettbewerber können klagen
Im Falle eines beihilferechtswidrigen Vertrags können nicht nur die Europäische Kommission und die staatlichen Stellen aktiv werden. Gefahr droht vor allem von Wettbewerbern. Diese können klagen und erzwingen, dass das europäische Beihilferecht durchgesetzt wird.
Wettbewerber müssen dabei nicht nachweisen, dass der gewährte Vorteil mit europäischem Recht unvereinbar ist. Es reicht vielmehr der Nachweis, dass der Vertrag eine Beihilfe enthält und unter Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot geschlossen wurde.
Was tun, um Risiken zu reduzieren?
Im ersten Schritt sollte man untersuchen, ob der geplante Lizenzgeber eine öffentliche Stelle ist oder eine Zurechnung als staatlich möglich erscheint. Als Folge wäre das Beihilferecht prinzipiell anwendbar.
Ist das der Fall, sollte der Lizenzgeber dazu angehalten werden, vor Abschluss des Vertrags zu dokumentieren, dass die Vereinbarung marktüblich ist. Damit kann belegt werden, dass keine Beihilfe vorliegt.
Ergänzend empfiehlt es sich vorzubeugen, dass die Lizenzvereinbarung insgesamt nichtig ist, falls wider Erwarten doch festgestellt wird, dass eine Beihilfe vorliegt. Daher sollte die Vereinbarung auch eine salvatorische Klausel zur Anpassung der Lizenzgebühr für diesen Fall einschließen. Diese Klausel sollte konkrete Vorgaben dazu enthalten, wie der Vertrag in diesem Fall angepasst werden soll.
Vorausschauendes Handeln ist notwendig
Auch im Bereich Lizenzvereinbarungen mit öffentlichen Universitäten und sonstigen Forschungseinrichtungen gilt: „Vorausschau ist besser als Nachschau.“ Denn die Risiken, die infolge einer rechtswidrig erlangten Beihilfe drohen, kann man durch vorausschauendes Handeln vor Vertragsschluss ausschließen oder zumindest minimieren.