Der Bundesfinanzhof („BFH“) hat mit Urteil vom 6. Dezember 2016 bestätigt: Das Bankenprivileg gilt auch für konzerninterne Finanzierungsgesellschaften. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Gestaltungsspielraum für inländische Konzerne
Das Bankenprivileg begrenzt die Höhe der Schulden, die bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen zu berücksichtigen sind. Idealerweise sind gar keine Zinsen hinzuzurechnen. Vor allem inländischen Konzernen bietet die BFH-Entscheidung Spielraum für Gestaltungen.
Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen internationalen und europäischen Rechtsentwicklungen könnten konzerninterne Finanzierungsgesellschaften im Inland künftig eine attraktive Alternative zu ausländischen Finanzierungsgesellschaften sein.
Ermittlung des Gewerbeertrages
Steuerpflichtige, die im Inland einen Gewerbebetrieb unterhalten, unterliegen nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes („GewStG“) der Gewerbesteuer. Diese bemisst sich nach dem nach Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinn des Gewerbebetriebs, vermehrt und vermindert um die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen.
Nach § 8 Nr. 1 a) GewStG ist ein Viertel der Zinsen dem Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen, die für Einkommen- oder Körperschaftsteuerzwecke als Betriebsausgaben abgezogen wurden, wenn die hinzuzurechnenden Zinsen den Freibetrag von 100.000 Euro übersteigen. Das bedeutet, dass Gewerbetreibende Fremdfinanzierungsaufwendungen für Zwecke der Gewerbesteuer meist nur zu 75 Prozent abziehen können.
Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG belastet vor allem Unternehmen, die einen erheblichen Fremdfinanzierungsbedarf haben – auch wenn die Fremdkapitalaufnahme gerade Inhalt der gewerblichen Tätigkeit ist. Das Bankenprivileg des § 19 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung („GewStDV“) befreit daher Kreditinstitute entsprechend § 1 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes („KWG“) unter bestimmten Voraussetzungen davon, Zinsen wieder hinzuzurechnen. Bislang war unklar, ob auch Konzernfinanzierungsgesellschaften von dem Bankenprivileg profitieren können.
So hat der BFH entschieden:
Der BFH hat bestätigt: Das Bankenprivileg erfasst auch Konzernfinanzierungsgesellschaften. In dem entschiedenen Fall gewährte eine inländische Gesellschaft („FinCo“) ausschließlich Darlehen an andere Gruppengesellschaften. Um die Darlehen zu finanzieren, nahm sie Fremdkapital auf.
Was die Hinzurechnung von Zinsaufwendungen betrifft, berief sie sich auf das Bankenprivileg.
Das zuständige Finanzamt setzte hingegen den Gewerbesteuermessbetrag fest, ohne das Bankenprivileg anzuwenden. Die Klage der FinCo vor dem Finanzgericht Hamburg hatte Erfolg. Im Revisionsverfahren schloss sich der BFH der Entscheidung des FG Hamburg mit folgender Argumentation an:
- Die FinCo ist ein Kreditinstitut i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG. Kreditinstitute nach dieser Vorschrift sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere.
Diese Voraussetzungen sind in diesem Fall unproblematisch erfüllt. Die Tatsache, dass die FinCo keine Erlaubnis der Aufsichtsbehörde nach § 32 KWG beantragt hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH unerheblich (vgl. Urteil vom 16.10.2002, I R 23/02).
- 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG steht dem Bankenprivileg nicht entgegen. Danach sind Unternehmen, die Bankgeschäfte ausschließlich mit ihrem Mutterunternehmen oder ihren Tochter- oder Schwesterunternehmen betreiben, zwar keine Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG. Für Zwecke des § 19 Abs. 1 GewStDV ist die Rückausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG allerdings irrelevant.
Das folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 GewStDV, der nur auf § 1 Abs. 1 KWG und nicht auf § 2 KWG Bezug nimmt, zum anderen aus dem Zweck der Vorschrift. Die begünstigende Wirkung des aufsichtsrechtlichen Konzernprivilegs wird steuerlich konterkariert, wenn Konzernfinanzierungsgesellschaften stets von der Anwendung des § 19 GewStDV ausgeschlossen wären.
- Außerdem ist auch verfassungsrechtlich geboten, dass erlaubnispflichtige Kreditinstitute und nicht erlaubnispflichtige Konzernfinanzierungsgesellschaften gleich zu behandeln sind. Ein sachlicher Grund, diese nicht gleich zu behandeln, ist nicht ersichtlich.
Ebenso wie Kreditinstitute sind Konzernfinanzierungsgesellschaften wirtschaftlich Durchlaufstellen des Geld- und Kreditverkehrs, die typischerweise einen hohen Fremdmitteleinsatz erfordern – ein Aspekt, der für die Einführung des Bankenprivilegs eine wesentliche Rolle spielt.
Vorteile für deutsche Konzernfinanzierungsgesellschaft
Auch eine deutsche Konzernfinanzierungsgesellschaft kann nach der neuen BFH-Rechtsprechung vom Bankenprivileg profitieren. So vermeidet sie, dass Zinsaufwendungen nach § 8 Nr. 1 a) GewStG anteilig hinzugerechnet werden. Steuerpflichtige sollten daher überlegen, Finanzierungsaufgaben innerhalb des Konzerns künftig auf ein selbstständiges inländisches Unternehmen zu übertragen.
Konzerninterne Finanzierungsgesellschaft im Inland errichten
Eine konzerninterne Finanzierungsgesellschaft im Inland könnte künftig vor allem für inländische Konzerne eine sinnvolle Alternative zur ausländischen Finanzierungsgesellschaft sein. Anders als ausländischen Finanzierungsgesellschaften kann inländischen Finanzierungsgesellschaften kaum vorgeworfen werden, die Struktur dient nur dazu, Gewinne zu verlagern und Steuern zu vermeiden. Auch Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf den Ort der Geschäftsleitung und ausreichende „Substanz“ sind deutlich niedriger.
Finanzverwaltung und Gesetzgeber haben noch nicht reagiert
Für Unternehmen ist die BFH-Entscheidung erfreulich. Es ist allerdings abzuwarten, wie die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber auf die Entscheidung reagieren werden. Steuerpolitisch wäre es wünschenswert, dass die Finanzverwaltung die neue Attraktivität der inländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft nicht konterkariert.